von Carmen Khan (vom 28. August 2025)
Nach meiner Beobachtung kommen sie im Leben alle sieben Jahre – diese tiefen Einschnitte.
Vor sieben Jahren haben wir unser erstes Kind bekommen, sieben Jahre davor haben wir geheiratet,
sieben Jahre davor begann ich zu studieren, sieben Jahre davor fand in meinem damaligen regionalen, evangelischen Jugendwerk mein Wechsel von der Teilnehmerin zur Mitarbeiterin statt,
sieben Jahre davor kam ich in die Schule.
Jetzt wieder. Nach sieben Jahren. Nachdem wir, als bunte Familie, uns an die unterschiedlichsten Formen von strukturellem Rassismus gewöhnt haben. In einer der letzten Aprilnächte erlitt mein Mann Monir, im Eingangsbereich des Gemeindehauses, gefährliche Körperverletzung, wohl weil es Menschen gibt, die schlicht sein Gesicht nicht mögen.
Eine Woche später fand vor der Kirche eine Kundgebung mit knapp 500 Beteiligten statt, und über viele Wochen hinweg hatten wir immer frische Blumen in der Wohnung, Schokolade, Karten, Grüße, Gäste und sehr viel Solidarität, die uns durch die schwierige Zeit danach trug. Herzlichen Dank dafür!
Trotzdem konnte ich die Situation so schlecht ertragen, dass ich mich am 8. Mai, als ich die Pferde des Friedensglockentreck segnete, so dumm am Knie verletzte, dass ich operiert werden musste und darum für ein Vierteljahr ausfiel. Zwischen Therapiesitzungen, Arzt- und Krankenhausbesuchen, Vernehmungen bei der Polizei, Papierkrieg mit Versicherungen, Physiotherapie und der ständigen Sorge um die Kinder erreichte mich die Nachricht, dass mir der GKR per Beschluss das Vertrauen entzogen habe.
Noch bevor es am 20. Juli, nach dem Gottesdienst, zu einer Gemeindeversammlung kam, traten die verbliebenen Mitglieder des GKRs geschlossen zurück.
Um die Geschäfte der Gemeinde bis zur (ohnehin so geplanten) Neuwahl am 30.11.25 zu führen, wurde vom Kirchenkreis ein Bevollmächtigtenausschuss berufen.
Es ist viel die Rede von Altem und Neuem, und ich habe mir sagen lassen, ich sei so politisch.
Aus meiner Sicht sind es die Zeiten, die uns auch als Kirche kaum eine andere Wahl lassen, als Menschliches und Unmenschliches deutlich zu benennen und dagegen einzutreten, dass Unfassbares normalisiert wird.
Gott sei Dank durften wir erleben, dass wir viele sind. Gott sei Dank gibt es neue Chancen und die unterschiedlichsten Möglichkeiten. Gott sei Dank können alle mitmachen, die das gerne möchten.
Zum Gottesdienst kommen, Feste feiern, sich an der Wahl des neuen Gemeindekirchenrates beteiligen, Ideen spinnen, Pläne schmieden, im Garten zusammen sitzen, in Gremien Verantwortung übernehmen.
Und beten. Jede und jeder auf seine Weise.
Ihre Pfarrerin Carmen Khan